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Buch-Review

The Hacker Crackdown von Bruce Sterling

Law and Disorder on the Electronic Frontier

Im November 1992 erschien von Bruce Sterling "The Hacker Crackdown", ein Buch über den Computeruntergrund. Das Buch beschreibt die Akteure der amerikanischen Phreaker- und Hackerszene vom Entstehen bis zum grossen Knall in den Jahren 1990 und 1991. Sterling liefert eine sehr detaillierte Beschreibung des Charakters und der Methoden von Phreakern und Hackern, der Strafverfolgungsbehörden und der elektronischen Freiheitsbewegung.

Bruce Sterling ist den meisten vermutlich als Science-Fiction Autor bekannt. Berühmte Werke sind "Involution Ocean", "The Artificial Kid", "Schismatrix" und "Islands in the Net". Zusammen mit William Gibson schrieb er "The Difference Engine".
Er wird als einer der Gründer der sogenannten 'Cyberpunk SF' bezeichnet. Obwohl er sich seiner eigenen Aussage zufolge wenig mit Computern auskennt, bzw. -kannte, legte er die SF-Schreiberei zur Seite und recherchierte fuer "The Hacker Crackdown", nachdem bei einem Erfinder von Rollenspielen ohne Computer, "Steve Jackson Games", eine harmlose, firmeneigene Mailbox und umfangreiches Geschäftsmaterial beschlagnahmt worden war.

Bruce Sterling beginnt seinen Streifzug mit einem Bericht über die Entwicklung des amerikanischen Telefonsystems, von den Anfängen in der Bastlerstube von Graham Bell bis zu den Zusammenbrüchen am 15. Januar 1990 und später, für die zunächst Hacker verantwortlich gemacht wurden. Er beschreibt die Entwicklung von Bell Labs und AT\&T, das Firmenklima und die Auswirkungen des Telefons auf die Gesellschaft. Er erklärt, wie eine Telefonvermittlung funktioniert und zeigt, wie es zu dem grossen Crash kam.

Das zweite Kapitel des Buches beschäftigt sich mit den Hackern, dem "Digital Underground". Sterling bedauert den Bedeutungswandel des Begriffs "Hacker" vom genialen Technophilen zum Kriminellen, benutzt aber dann konsequent den Ausdruck in der jetzigen Bedeutung. Er beschreibt die Motive der Hacker und Hackermailbox-Betreiber, und erzählt einige Geschichten über herausragende Persönlichkeiten der amerikanischen Hackerszene wie der "Legend of Doom". Er beschreibt auch einige interessante Zusammenhänge um die in der UUCP-Welt recht bekannten Systeme "netsys", "killer" und "elephant". Man lernt über illegale Benutzung von Telefon-Kreditkarten, Hacken der Vermittlungsstellen-Rechner und der Pirate-Boards mit ihren "heissen" Raubkopien.

Im dritten Teil geht es um die Gegenspieler der Hacker, die Polizei, das FBI, den US Secret Service und Spezialeinheiten für die Verfolgung von Computerkriminalität. Dabei werden die Zuständigkeiten, die Geschichte und die Methoden der Behörden beschrieben und wie die Mentalität der Hacker und Phreaker ihnen vieles einfacher machte. Sterling zeichnet die Lebensläufe von herausragenden Polizisten, und die Parallele zu Sherriffs im Wilden Westen ist gar nicht so abwegig, worauf im Übrigen auch der Untertitel des Buches hinweist. Was ist law und order? Wie geht es dem DDR-Recht?. Der Sätzer Der "Cyberspace" der Telefon- und Computernetze war (und ist in weiten Teilen immer noch) ein rechtsfreier Raum. Die Akteure werden als durchaus humane und oft vom Staat im Stich gelassene und durch Bürokraten und Staatsgrenzen behinderte Idealisten beschrieben.

Der letzte Teil enthält die Geschichte der elektronischen Befreiungsbewegungen, ihre "Roots", ihre Entstehung und Aktivitäten. Der Fall des Herausgebers der elektronischen Hackerzeitschrift "Phrack" steht zentral in diesem Teil für die teilweise ungerecht harte Vorgehensweise gegen Netz-Bürger in der Grauzone. In diesem Fall ging es um die Verbreitung eines vergleichsweise harmlosen internen AT\&T-Dokuments als Teil einer Ausgabe der Zeitschrift, die weltweit auf Tausenden von Rechnern gelesen werden kann. AT\&T wollte dieses Dokument als Hebel zum Statuieren eines Exempels benutzen. Mit Hilfe der "Electronic Frontier Foundation" konnte eine gute Verteidigung erreicht werden und das Verfahren zur Einstellung gebracht werden.

Bruce Sterling erzaehlt sehr detailliert, er hat mit vielen der entscheidenden Persönlichkeiten direkt gesprochen. Dies macht das Buch auch so interessant - es geht Sterling eben nicht um Panikmache und Sensationsgier. Das Buch stellt das Ergebnis einer fundierten Recherchierarbeit dar und Sterling nimmt einen sehr objektiven Standpunkt ein.

In Zeiten der Diskussion ueber Blueboxen und Datenschutz ist das Buch ein absolutes Muß für jeden an den Zusammenhängen in der Computerkriminalität Interessierten.

Sterling, Bruce

The Hacker Crackdown: Law and Disorder on the Electronic Frontier

Bantam Books, November 1992

ISBN 0-553-08058-X

US \$23.00

Autor: Martin Brenner

 

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